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2.5 Krümmung

Als spezielle Funktionen betrachten wir abschließend die Krümmung von Flächen. Wir geben hier nur eine kurzen Überblick aus der Differentialgeometrie. Für eine umfassende Einführung sei beispielsweise auf [Car93] verwiesen, aus dem folgender kurzer Überblick zusammengestellt wurde.

Es sei S: K -> R^3 eine reguläre Fläche und p \in S ein Punkt auf dieser Fläche. Wir bezeichnen die Menge der Tangentenvektoren von allen Kurven in S durch p als Tangentialebene T_p(S) an S in p. Das natürliche innere Produkt in R^3 \supset S induziert auf jedem T_p(S) ein inneres Produkt <.,.>_p. Dieses wird als eine symmetrische Bilinearform I_p: T_p(S) -> R mit I_p(v) := <v,v>_p dargestellt. Wir bezeichnen I_p als erste Fundamentalform von S in p.

Für ein v \in T_p(S) existiert nach Definition eine Kurve c: (-epsilon,epsilon) -> S auf S für epsilon \in R_+ mit c(t) = S(u(t),v(t)), so daß c(0) = p und c'(0) = v gilt. Dies liefert die folgende Form für I_p:

I_p(v) = <c',c'>_p = ... = E (u')^2 + 2 F u' v' + G (v')^2 (2.86)

mit

E = <S_u,S_u>, F = <S_u,S_v>_p, G = <S_v,S_v>_p, (2.87)

wobei alle Funktionen bei t=0 ausgewertet werden.

Ist c: [a,b] -> R^3 eine nach der Bogenlänge s \in [a,b] parametrisierte Kurve, dann ist k(s) := |c''(s)| die Krümmung von c in s. Hieraus leiten wir die Krümmung für die Fläche S ab. Sei n: S -> R^3, p -> (S_u x S_v)/(|S_u x S_v|) die Abbildung, die jedem Punkt p von S den Einheitsnormalenvektor zuweist. n gibt so für jeden Punkt und damit für die ganze Fläche eine Orientierung an. Die Werte der Abbildung n: S -> R^3 liegen alle in der Einheitssphäre S^2 := { (x,y,z) \in R^3: x^2+y^2+z^2=1}. Somit können wir die Gauß-Abbildung von S als n: S -> S^2 definieren. Diese Abbildung ist für orientierbare Flächen differenzierbar und das Differential dn_p von n ist eine lineare Abbildung von T_p(S) in den Tangentenraum T_{n(p)}(S^2). Nachdem beide Tangentenräume parallele Ebenen sind, kann man dn_p auch als lineare Abbildung auf T_p(S) interpretieren. Weiter können wir hiermit die zweite Fundamentalform von S bei p als II_p(v) := -<dn_p(v),v> definieren.

Wir betrachten wieder eine reguläre, nach Bogenlänge s parametrisierte Kurve c, die ganz in S verläuft und es gelte c(0) = p. k sei die Krümmung von c in p und n_c sei der Normalenvektor an c. Dann ist k_c = k < n_c,n> die Normalkrümmung von c in p. Wir betrachten nun alle Kurven in S durch p. Die maximale und minimale Normalkrümmung heißen Hauptkrümmungen von S bei p. Weiter definieren wir die Gauß'sche Krümmung als Determinante von dn_p und der negative Wert der halben Spur von dn_p heißt die mittlere Krümmung.

Abbildung 2.25: Gauß-Krümmung für Irregularitäten der Ordnung 3, 5 und 6
Gauß-Krümmung für Irregularitäten Gauß-Krümmung für Irregularitäten Gauß-Krümmung für Irregularitäten

Zur Vereinfachung der Notation stehen im folgenden die Funktionen für ihren Wert im Punkt p. Es gilt

c' = S_u u' + S_v v', (2.88)
dn(c') = n'(u(t), v(t)) = n_u u' + n_v v'. (2.89)

Da n_u und n_v zu T_p(S) gehören, können wir sie wie folgt darstellen

n_u = a_{11} S_u + a_{21} S_v,  n_v = a_{12} S_u + a_{22} S_v. (2.90)

Damit erhalten wir die Darstellung

dn(c') = (a_{11}u' + a_{12}v')S_u + (a_{21}u' + a_{22}v') S_v. (2.91)

Die zweite Fundamentalform können wir schreiben als

II_p(c') = - <dn(c'), c'> ...  = e (u')^2 + 2f u'v' + g (v')^2. (2.92)

Wegen <n,S_u> = <n,S_v> = 0 gilt

e = -<n_u,S_u> = ... [S_{vv}; S_u; S_v] (2.93)

Aus (2.90) können wir nun Gleichungen für die a_{ij} aufstellen,

-f = a_{11} F + a_{21} G, -e =  ... = a_{12} F + a_{22} G. (2.94)

Hieraus erhalten wir

a_{11} = (fF - eG)/(EG - F^2), ...  a_{22} = (fF - gE)/(EG - F^2). (2.95)

Dies ergibt folgende Gleichung für die Gauß-Krümmung,

K = det(a_{ij}) = (eg - f^2)/(EG - F^2). (2.96)

Für die mittlere Krümmung erhalten wir

H = -1/2 (a_{11} + a_{22}) = 1/2 (eG - 2fF + gE)/(EG - F^2). (2.97)

Nachdem k_1 und k_2 Eigenwerte von dn_p sind, gilt außerdem

H = (k_1 + k_2)/2, (2.98)
K = k_1 k_2. (2.99)

Somit erfüllen die beiden Hauptkrümmungen die quadratische Gleichung

{k_i}^2 - 2Hk_i + K = 0 (2.100)

und deshalb gilt

k_i = H \pm \sqrt{H^2 - K}. (2.101)

Berechnen wir E, F, G, e, f, g über (2.87) und (2.93), dann erhalten wir über obige Formeln die verschiedenen Krümmungen zu einem Punkt p. Damit können wir die Krümmungsfunktionen einfach implementieren, indem wir die Auswertung der Bézierkontrollnetze für die Funktion durch die Berechnung von E, F, G, e, f, g und der entsprechenden Krümmung für das Bézierkontrollnetz der Fläche ersetzen.

Abbildung 2.26: Gauß'sche (links) und mittlere (rechts) Krümmung des Whitneyschen Regenschirms
Gauß'sche Krümmung des Whitneyschen Regenschirms</CAPTION> Mittlere Krümmung des Whitneyschen Regenschirms</CAPTION>

Abbildung 2.27: Gauß'sche Krümmung des T
Gauß'sche Krümmung des T Gauß'sche Krümmung des T

Wir stoßen hier allerdings auch an die Grenzen der biquadratischen G-Splines. Biquadratische Splineflächen können nur tangential stetig zusammengesetzt werden. Für die Krümmungen benötigen wir aber auch die zweiten Ableitungen zur Berechnung von e, f und g. Deshalb müssen die Krümmungsfunktionen nicht mehr stetig sein. Besonders wird dies an den irregulären Stellen des Kontrollnetzes sichtbar.

In Abbildung 2.25 stellen wir die Gauß-Krümmung in der Umgebung von Irregularitäten der Ordnung 3, 5 und 6 dar. Nachdem die Formeln für biquadratische G-Splines an den Irregularitäten nur aus den Bedingungen für tangentiales Zusammensetzen der Flächenstücke erzeugt wurden, ist die Krümmung natürlich nicht stetig. Für die Stetigkeit der Krümmung benötigen wir Splineflächen höherer Ordnung.

Für die über die Parametrisierung des Whitneyschen Regenschirms erzeugte Fläche aus Abbildung 2.5 zeigen wir in Abbildung 2.26 die Gauß'sche und die mittlere Krümmung.

Abbildung 2.27 zeigt die Gauß'sche Krümmung der in Abbildung 1.24 vorgestellten T-Fläche. Neben der Farbdarstellung stellen wir sie hier auch als farbige Fläche über dem T dar.

Abbildung 2.28 zeigt die Gauß'sche und die mittlere Krümmung der Fläche, deren Kontrollpunkte über die Parametrisierung (2.81) des Affensattels festgelegt wurden. Besonders bei der mittleren Krümmung erkennt man, daß die Funktion nicht mehr stetig ist. Die exakten Formeln für die Krümmungen des Affensattels sind

K = (-36(u^2+v^2))/((1+9u^4+18u^2v^2+9v^4)^2), H = ((-27u^5+54u^3v^2+81uv^4)/((1+9u^4+18u^2v^2+9v^4)))^{3/2} (2.102)

(vgl. [Gra94]). Hierüber können wir auch Funktionskontrollpunkte für die Flächenkontrollpunkte mit u = -1:0.1:1, v = -1:0.1:1 festlegen. Diese Funktionen sind in Abbildung 2.29 dargestellt.

Abbildung 2.28: Gauß'sche (links) und mittlere (rechts) Krümmung des Affensattels
Gauß'sche Krümmung des Affensattels Mittlere Krümmung des Affensattels

Abbildung 2.29: Gauß'sche (links) und mittlere (rechts) Krümmung des Affensattels als G-Spline-Funktion
Gauß'sche Krümmung des Affensattels als G-Spline-Funktion Mittlere Krümmung des Affensattels als G-Spline-Funktion


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